Spazierstock mit integriertem Totschläger

Spazierstock mit integriertem Totschläger

Besitzer: Helmut Bauer - Entstehungszeit: 1. Hälfte 1920er Jahre - Länge: 90cm - Holz, Stahlrute

Es handelt sich um den „Spazierstock“ von Johann Josef Bauer, den Großvater des Leihgebers. Laut Familienüberlieferung ging Großvater Bauer in den 1920er und 30er Jahren ungern ohne diese dem Selbstschutz dienende Waffe außer Haus. Er war Funktionär der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei im 15. Wiener Gemeindebezirk und lief als solcher leichter Gefahr, in eine handgreiflich ausgetragene, politischeAuseinandersetzung zu geraten, als Menschen ohne klare Parteizugehörigkeit.

Generell war das politische Klima in der Ersten Republik (1918 – 1938) durch eine sich zuspitzende Konfrontation zwischen den politischen Lagern und ihren Wehrverbänden gekennzeichnet: Sozialdemokraten und Republikanischer Schutzbund auf der einen Seite, Christlichsoziale und Heimwehren auf der anderen Seite, Nationalsozialisten als neue Bewegung gegen alle. Ein Gefühl permanenter Bedrohung war die logische Folge. Die Gesellschaft insgesamt erschien radikal in Freund und Feind gespalten. Johann Josef Bauer beschrieb den Ungeist dieser Zeit höchst zutreffend durch einen Spruch, der seinem Enkel bis heute in Erinnerung geblieben ist: „Und willst du nicht mein Bruder sein, dann hau ich dir den Schädel ein.“

 

Persönlicher Hintergrund:

Johann Josef Bauer wurde 1880 geboren und verstarb 1941. Als sozialdemokratischer Funktionär war er ab 1934 infolge „falscher“ Parteizugehörigkeit und konjunkturell bedingter Massenarbeitslosigkeit endgültig ohne Chance auf einen Arbeitsplatz. Allerdings hatte er sich schon in den 1920er Jahren immer wieder in prekären Arbeitsverhältnissen befunden. Den größeren Teil des Familieneinkommens – zwei Kinder waren durchzubringen - erwirtschaftete seine Frau Anna, die als Zitherlehrerin offenbar eine Art Marktlücke erschlossen hatte. Ihrem Sohn und Enkel gegenüber brachte Anna ihre bittere Erfahrung aus den Jahren der Ersten Republik, die für die Familie eine Zeit des Hungers und der Bedrängnisse gewesen war, in Form eines oft geäußerten Ratschlags auf den Punkt: „Bua, geh ja nicht in die Politik!“